TEST: Black Widow auf 4K Blu-ray – Kein gelungener Auftakt zur 4. Phase

Inhalt (70%)

Von allen Marvel-Superhelden und Superheldinnen war mir immer eine am liebsten: Natasha Romanoff alias Black Widow. Und so wie ich den Machern von The Walking Dead nie verziehen habe, Glenns Gehirn über den Waldboden zu verteilen, versetzte mich der —-> ACHTUNG SPOILER!! <—- Moment von Romanoffs Selbstopferung in Avengers: Endgame in einen emotionalen Schockzustand, den ich bis zum Schluss nicht verlor. Noch während dieser Szene am Abhang hoffte ich immer wieder, es würde Hawkeye (der mir eh nicht sonderlich sympathisch war) treffen. Aber es kam, wie es vorgesehen war und für mich war das MCU damit eine Weile lang ein rotes Tuch.

Dass sich die Macher rund um Kevin Feige dazu entschlossen, der Schwarzen Witwe einen Solofilm zu gönnen, kann ich deshalb hervorragend nachvollziehen. Diesen jedoch in die Phase IV zu schieben und NACH den Ereignissen zu Endgame zu veröffentlichen, ganz und gar nicht. Wie sollte ich meinen Groll über die Szenen aus Endgame zu den Akten legen und mich neu auf eine Story einlassen können, die die Zeit um Jahre zurückdreht und für das, was man bis zu dem Zeitpunkt gesehen hatte, maximal retrospektive Relevanz hat?

Natasha und Yelena – ein schlagkräftiges Geschwisterpaar ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved.

Vielleicht erging es vielen anderen MCU-Fans ebenso wie mir, was schon nicht die besten Bedingungen für Black Widow waren. Und dann kam auch noch Corona. Ins Kino gelangte er dann zwar doch noch, aber erst am 09. Juli 2021 und dazu parallel als Premium-Bezahloption über Disney+. Und kaum war der Film dann endlich gestartet, trat Hauptdarstellerin Scarlett Johansson eine Diskussion und Klage über ihre Gage los, die vertraglich an die Kinoeinspielergebnisse geknüpft war, welche sie aufgrund der zeitgleichen Auswertung über Disney+ ungerechtfertigt reduziert sah.

Wer auch immer hier im Recht ist. Ein guter Background für die Heimkino-Veröffentlichung ist das nicht wirklich. Und auch ich trat mit gemischten Gefühlen an den Film heran – selbst wenn “meine” Lieblingsfigur aus dem MCU noch einmal ihren verdienten Auftritt bekam. Und das nicht ganz ohne Grund. Denn so richtig vollumfänglich überzeugt Black Widow nicht. Vielleicht ist der Abstand zu den relevanten Teilen der Phase III zu groß, vielleicht wäre das alles stimmiger gewesen, wenn man ihn tatsächlich vor dem Doppel-Film-Abschluss ins Kino gebracht hätte. Denn irgendwie packt die emotionale Seite der Story nicht so wie es sein müsste. Es geht um das Familien-Element. Es geht um Selbstzweifel und Unsicherheiten. Alles Dinge, die rückwirkend erklären, warum sich Natasha zu der Tat in Endgame entschloss, die so emotional zurückließ. Doch aus einem gewissen Grund lässt es uns kalt.

Die Black Widow eine „Poserin“? Niemals! ©Marvel Studios 2020.

Aber es gibt natürlich auch wirklich gute Momente: So ist der erste Fight zwischen Natasha und dem Taskmaster absolut klasse inszeniert. Smart und mit dezentem Einsatz der Super-Slow-Motion verdeutlicht man, wie der fremdartige Kämpfer die Bewegungen der Black Widow analysiert und adaptiert, um sie sogleich zu kopieren und gegen sie einzusetzen. Es dauert keine zehn Sekunden und selbst der völlig unvorbereitete Zuschauer weiß, was man hier bezwecken wollte. Apropos Fights: Die erste Zusammenkunft zwischen Natasha und Yelena wird auch über einen Kampf beschrieben, was für erstaunlich wuchtige und rohe Momente sorgt. Wenn die beiden “Schwestern” aufeinandertreffen, ist die Eleganz der Romanoff plötzlich ein wenig Geschichte.

Witzigerweise macht sich Yelena bald darauf über ihre große ehemalige Beschützerin lustig und wirft ihr “Poserei” vor. Nicht ganz zu Unrecht, wie man sagen muss – ein wirklich witziger selbstreferenzieller Gag, der auch von der von Sarkasmus geprägten Beziehung der beiden zeugt und den Yelena nach knapp 100 Minuten süffisant kommentieren darf. Florence Pugh ist übrigens eine klasse Besetzung an Johanssons Seite. Sie bringt das jugendlich Ungestüme in die Zweierbeziehung, während Natasha hier die Erfahrene geben darf. Gleichzeitig hat Yelena die bittereren Erlebnisse machen müssen, was ein gewisses melancholisches Element mit sich bringt. Trifft die Familie dann nach 70 Minuten zusammen, ist der Anlass für ein bisschen wehmütiges Zurückblicken, das von befreiendem Humor gekontert wird. Es ist schon witzig anzusehen, wie Alexei versucht, sich in seinen Red-Guardian-Anzug zu quetschen, auch wenn David Harbour in der Rolle die Nerven etwas arg strapaziert.

Wer steckt hinter der Maskes des Taskmasters? ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved.

Über ein paar logische Ungereimtheiten muss man zudem auch hier hinwegsehen. Wie kann bspw. dieses Serum sämtliche Kämpfe und Aktionen überleben, die bis zur endgültigen Sicherung über die Ampullen hinweg fegen? Und warum zum Red Guardian lässt sich dieser mit überlegener Physis ausgestattete Kerl zwei Jahrzehnte lang einsperren, wenn ihm der Ausbruch dann doch so einfach gelingt? Ein bisschen mehr Feingefühl und Timing und er hätte weder Natasha noch Yelena dafür gebraucht – ein paar hundert Kilometer Eiswüste hätte er dann sicher auch noch überwinden können.

Ein weiteres Manko hat Black Widow zudem, womit wir wieder bei den Gründen sind,  warum der Film am Ende emotional nicht so zupackt. Denn wir erfahren nicht, wie es Natashas Familie bis zu den Ereignissen von Endgame ergangen ist. Haben sie das Fingerschnipsen überlebt? Zerfielen alle zu Staub? Wie kamen sie zurück [wenn sie es (alle) taten]? Hätte das im Nachhinein nicht noch mehr Bindung geschaffen und Natashas Entscheidung noch einmal verstärkt?

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Black Widow 4K Ultra-HD Edition (Steelbook) [Blu-ray]
  • Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
  • Scarlett Johansson, Florence Pugh, Rachel Weisz (Schauspieler)
  • Cate Shortland (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren

Bildqualität (90%)

Black Widow wurde durchweg digital gefilmt. Zum Einsatz kamen allerdings gleich mehrere Kameras. Das gesammelte Material gelang dann über ein 4K DI auf die 4K-Scheibe, die noch mit HDR10 und erweitertem Farbraum im Rahmen von Rec.2020 ausgestattet ist. Auffällig ist gegenüber der Blu-ray vorrangig, dass kaum etwas auffällt. Wie schon zuletzt bei Disney-Titeln sind Grading und Farbgebung sehr ähnlich. Aufgrund der bereits hohen Auflösungsqualität der Blu-ray kann sich die UHD-BD in Close-ups hier auch nicht entscheiden absetzen.

Doch dann gibt’s ja noch die HDR-Momente, in denen dem Zuschauer beim Betrachten im direkten Vergleich die Kinnladen herunterklappen würden. Wie zum Beispiel bei der spätnachmittäglichen Stimmung während der Totalen von Marokko nach 18’41. Während die Blu-ray die Sonne im Hintergrund überstrahlt und der Vordergrund eher kontrastschwach bleibt, gehen einem beim Wechsel auf die UHD Blu-ray wirklich die Augen auf. Die Sonne ist erkennbar am Himmel und vor allem auf der Spiegelung im Wasser, die Farben werden viel intensiver wiedergegeben und die Stimmung ist nun viel authentischer.

Die 4K UHD Blu-ray liefert ein bestechend gutes Bild ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved.

Die Differenz ist in dieser Szene extrem deutlich. Ganz anders die eher kühlen Sequenzen in Norwegen, die kaum anders aussehen. Differenzen in der Schärfe und Auflösung sieht man insbesondere bei den vielen Totalen der unterschiedlichen Städte. Häuser erhalten mehr Feinzeichnung. Fenster sind besser erkennbar und Einzelheiten nuancierter. Hinzu kommt ein Vorteil bei Spitzlichtern – also bei punktuell-hellen Lichtquellen, die sichtbar mehr Punch haben. Insgesamt leistet sich die UHD-Blu-ray keine Schnitzer und ist die bessere Wahl – wenngleich in vielen Szenen mit sehr ähnlichem Grading und nur geringer Abweichung in der Kontrast-Dynamik

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Tonqualität (70%)

Disney lässt nicht davon ab: Dolby Digital Plus für die deutsche Tonspur, Dolby Atmos für die englische Fassung. Beiden Fassungen fehlt erneut das Krachbumm, das man sich von einem Film dieser Güte verspricht. Sowohl die deutsche als auch die englische Fassung sind im Tiefbass mau und lassen Dynamik vermissen. Das wird schon beim Score deutlich, wenn er nach etwas über fünf Minuten von der Dramatik der bevorstehenden Ereignisse verkündet. Noch deutlich wird’s bei der Fluchtsequenz mit der Einmotorigen. Zwar gibt’s mal ein bisschen Kitzeln des Subwoofers, aber so richtig dynamisch wird’s nicht. Das klingt letztlich zu gleichförmig und auf ähnlichem Lautstärke-Level.

Ein schwacher Trost, dass die englische Fassung sogar noch etwas leiser eingepegelt ist und noch eine Spur gleichförmiger klingt. Trotz “nur” DD+-Kodierung ist der deutsche Ton also hörbar besser. Spätestens bei der Explosion nach 26 Minuten kann man im direkten Vergleich deutlich wahrnehmen, dass die Synchro tonal und dynamisch besser klingt. Aber auch in der folgenden Kampfszene fehlt es letztlich an Lautstärke-Spreizung und echter Wucht. Immerhin ist die Räumlichkeit wirklich klasse. Von den Zeitlupenaufnahmen zu Beginn, die von einer sehr effektvollen Naturatmosphäre unterstützt werden, über die auf allen Lautsprechern präsente Filmmusik bis hin zu den akustisch hervorragend umgesetzten Kampfszenen macht das Rundum-Geschehen wirklich Spaß. Außerdem gelingen Dialoge sehr harmonisch und mit einem angenehm warmen Timbre. Hier klingt nichts spitz oder dumpf.

Oft kommt was von oben und es kommt nichts von oben – die englische Atmos-Fassung enttäuscht auf allen Ebenen ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved.

Auch bei der englischen Atmos-Fassung grummelt der Tiefbass meist ziemlich unmotiviert und ohne jede Präzision vor sich hin. Konzentrieren wir uns also auf die Heights und deren Integration im Atmos-Gefüge. Und hören wir mal genau hin. Wir hören … hören … hören … nichts. Naja, fast nichts. Jedenfalls seltsamerweise nichts, wenn in der Introszene die Flucht per einmotoriger Maschine gelingt und es durchaus Anlass für 3D-Soundeffekte gegeben hätte. Am kubanischen Flughafen hört man dann nach 10’41 leise entfernt immerhin mal einen Helikopter. Während der Titelsequenz gibt es man dann mal ein paar kreischende Schreie von oben, was aber auch eher unmotiviert abgemischt wurde, da in diesen Momenten kurz auch der Titelsong auf die Heights überspringt, um dann direkt wieder dort zu verstummen. Dass aber auch bei der Explosion und dem umherfliegenden Auto nichts von oben kommt, ist unverständlich.

Und dann, bei 36’03 gibt’s tatsächlich den ersten, perfekt verorteten 3D-Sound, wenn man den Gegner im oberen Stockwerk laufen und die Decke durchbrechen hört. Das funktioniert in dem Moment wirklich gut und reißt den Zuschauer aus dem Atmos-Frust. Bei 40’15 gibt’s dann einen gut hörbaren Schuss und splitterndes Glas und im Gefängnis bei Alexei hört man die Lautsprecher-Durchsagen von oben. Ähnliches gilt dann auch für die Rettungssequenzen mit dem Helikopter. Aber auch hier wird man das Gefühl nicht los, dass mehr gegangen wäre. Immerhin sitzt man hier dann aber auch mal schön hörbar unter dem Rotor. Tatsächlich ist das die insgesamt aktivste Szene, da hier dann auch mal Querschläger und Raketengeschosse zu hören sind. Insgesamt eine der dauerhaftesten und schönsten Hubschrauber-3D-Sound-Sequenzen überhaupt. Das versöhnt dann auch etwas mit der zuvor so inaktiven Tonspur. Selbst, wenn es im Finale ein paar netter Effekte während des Kollapses der Himmelsbasis wieder ein wenig zu ruhig von oben ist.

  • Deutsch: Dolby Digital Plus 7.1 (70%) 2D-Betrachtung
  • Englisch: Dolby Atmos (60%) 2D-Betrachtung
  • Englisch: Dolby Atmos (50%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Englisch: Dolby Atmos (60%) 3D-Betrachtung (Qualität)

Bonus (40%)

Das erste Extra beginnt wahlweise direkt beim Start des Films, wenn man ihn mit einem Vorwort von Regisseurin Cate Shortland startet. Überdies hält das Bonusmaterial noch neun entfernte Szenen, Pannen vom Dreh und zwei Featurettes bereit. In “Die Schwestern machen das” geht’s für fünf Minuten kurz um die Familiengeschichte an sich. Und “Alles oder nichts” beleuchtet mit ein paar Interviews und Szenen vom Dreh garniert den Ansatz für die Story an sich. Alles in allem enttäuschend für einen großen Film aus dem MCU.

Gesamtbewertung Black Widow  (77%)

Black Widow beendet eine lange MCU-Durststrecke, die coronabedingt die vierte Phase der Kinofilme hinauszögerte. Der ganz große Wurf ist’s aus emotionaler Hinsicht nicht geworden. Aber immer noch ein guter Actionfilm, der sogar mit mehr Frauenpower aufwarten kann als Captain Marvel. Und wer will nicht noch einmal Scarlett Johansson im schwarzen (oder hier teilweise weißen) Dress der Black Widow sehen?

Das Bild der Blu-ray lässt bereits kaum Wünsche offen, da es kontrastreich, scharf und sehr laufruhig ist. Der deutsche Ton kann’s immerhin dynamischer als sein englisches DTS HD-Master-Pendant und ist in puncto Surroundeffekte wirklich klasse. Dennoch leidet auch er unter der typischen Disney-Dynamikmangel-Erscheinung. Die 4K UHD Blu-ray kann sich zwar nicht extrem von der BD absetzen, legt aber vor allem in der Durchzeichnung auf hellen Flächen noch nach und wirkt insgesamt noch homogener und plastischer. Der englische Atmos-Ton ist allerdings unterhalb dessen, was möglich ist.

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Black Widow 4K Ultra-HD Edition (Steelbook) [Blu-ray]
  • Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
  • Scarlett Johansson, Florence Pugh, Rachel Weisz (Schauspieler)
  • Cate Shortland (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren

Technische Details & Ausstattung:

Erscheinungstermin: 23.09.2021 Review am: 24.10.2021
Erscheinungsjahr Film: 2021 Laufzeit: 134 Minuten
Filmstudio: Disney FSK: ab 12 Jahre
Auflösung / Bildfrequenz:
2160p @ 24p Untertitel:
Deutsch, Englisch
Bildformat:
2,39:1 / 16:9 Tonspur:
Deutsch Dolby Digital Plus 7.1
Englisch Dolby Atmos
High Dynamic Range:
HDR 10 Ausstattung:
4K Blu-ray
HD Blu-ray

Black Widow Trailer:

 

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Timo Wolters
Timo Wolters
Der echte Filmfan bleibt im Heimkino: Das Bild ist besser, der Sound unmittelbarer und die Sitznachbarn angenehmer - Timo rezensiert seit 2002 mit Leidenschaft (fast) durch alle Genres. Aktuelle Rezensionen findest du auf blu-ray-rezensionen.net
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4 Kommentare
  1. Nur mal so eine Anmerkung am Rande, Black Widow war niemals als ein Drama gedacht. Keine Ahnung was du da für Emotionen erwartest.
    Lieber weniger emontionaler Tiefgang, Logiklücken und dafür mehr Action, jedenfalls besser als dass was bei Wonder Woman 1984 herauskam.

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