AI-Wunder Deep Render: Wie ein Startup das Streaming revolutionieren möchte

Das AI-Kompressions-Startup „Deep Render“ möchte mit seinem neuen Algorithmus das Internet vor dem sicheren Zusammenbruch retten. Angeblich komprimiert der AI-Algorithmus bereits jetzt Videos 66 Prozent besser als der derzeit beste Codec!

Ich muss gestehen, ich bin bei unserer Recherche zu diesem Beitrag in ein Rabbithole gefallen, so unglaublich ist diese Meldung. Anstoß ist ein Video im Intel Newsroom-Channel auf Youtube, welches die Firma „Deep Render“ porträtiert (am Ende des Beitrags). Nicht nur die Zukunftsvision, die das Unternehmen zeichnet, ist unglaublich. Auch deren Produkt bzw. Service hat das Potenzial, das Internet, wie wir es kennen, komplett zu verändern und milliardenschwere Unternehmen zu erschüttern. Laut Aussage von „Deep Render“ hat das das Unternehmen bereits einen AI-basierten Kompressions-Algorithmus entwickelt, der visuelle Inhalte zwischen 80 und 66 Prozent effizienter verarbeitet als die geläufigen Videocodecs!

Deep Render: Die Welt steht vor dem Bandbreiten-Kollaps

Diese Entdeckung hört sich vielleicht nicht sehr spannend an, denn wie spektakulär sind schon Codecs, Encoder und Bitraten. Das Produkt hat jedoch die gleiche Sprengkraft, als würde ein namhafter Autohersteller morgen das 1-Liter-Auto vorstellen. Das Video beginnt mit einer Zukunftsvision, die schlimmer nicht sein könnte. Die Menschheit produziert immer mehr Daten und eines Tages reicht die Bandbreite, die uns zur Verfügung steht, einfach nicht mehr aus (Angst schüren: Check!). Die Entwicklung geläufiger Videocodecs geht viel zu langsam vonstatten und in diesem Tempo, wird es nie möglich sein, den exponentiellen Anstieg der Datenmassen in den Griff zu bekommen. Die Folge: wir bekommen zukünftig nur noch Pixelmatsch in minimaler Auflösung inkl. Bildstottern und Verbindungsabbrüche zu sehen – so sagt es zumindest das Video voraus.

Die Performace des Deep Render-Codec übertrifft bereits jetzt die der geläufigen Codecs (AV1, HEVC, h.265) bei weitem
Die Performace des Deep Render-Codec übertrifft bereits jetzt die der geläufigen Codecs (AV1, HEVC, h.265) bei Weitem || Bild: Deep Render

Frische Finanzmittel, auch aus der EU

Da kommt Deep Render mit ihrer AI-basierten Videokompression gerade recht. Das Unternehmen hat es übrigens im März dieses Jahres geschafft, mit ihrem Business-Pitch 9 Millionen US-Dollar an frischen Finanzmittel zu sammeln. 2.7 Millionen US-Dollar kommen vom „The European Innovation Council“, einem alternativen Investmend-Fond, der alleinig von der Europäischen Kommission gestemmt wird. Womöglich zahlen am Ende sogar wir dieses Investment. Dieses wird das Unternehmen jetzt natürlich nutzen, um seinen AI-Algorithmus weiter zu verbessern. Wenn man Deep Render mit dem schon etwas älteren h.264-Codec vergleicht, liefert dieser eine 5 Mal bessere Komprimierung. Arsanal Zafar, CTO von Deep Render, denkt jedoch, dass man hier in absehbarer Zeit sogar eine 50-fache Verbesserung erreichen könnte. Bedeutet, ein Video, welches 50Mbit/s (h.264-kodiert) benötigt, würde mit dem AI-Codec nur noch 1 Mbit/s an Datenstrom verursachen. Absolut unvorstellbar.

Extreme Kostenersparnis für Streaminganbieter – extreme Verluste für Cloud-Anbieter

Kostenersparnis für Netflix, wenn diese auf den Deep Render-Codec umschwenken würden
Kostenersparnis für Netflix, wenn diese auf den Deep Render-Codec umschwenken würden || Bild: Deep Render

Was für einen unglaublichen Impact dieser AI-Codec hätte, zeigt das Unternehmen am Beispiel von Netflix. Diese zahlen pro Jahr rund 2 Milliarden US-Dollar an Amazon, um ihren Content auf der AWS-Cloud zu speichern und verteilen zu können. Die Kosten für die Infrastruktur, die Programme, Datenbanken und Videodateien belaufen sich allein auf 400 Millionen US-Dollar pro Jahr. Mit Deep Render, könnte der Speicherplatz für Filme und Serien so drastisch reduziert werden, dass Netflix nur noch um die 80 Millionen US-Dollar zahlt. Das gleiche Spiel bei der Bandbreite, die für den Abruf der Inhalte vom Endnutzer benötigt wird. Von 1.6 Milliarden US-Dollar, könnte man die Kosten auf 320 Millionen US-Dollar drücken. Was das bedeutet? Die Netflix wäre vom einen auf den anderen Tag ein extrem profitables Unternehmen mit einer Nutzerbasis von rund 240 Millionen. Amazon, deren Hauptgeschäft bereits seit Jahren im Bereich Cloud-Computing liegt (und nicht wie man denken möchte im Versandhandel oder Musik- und Videostreaming) würde einbrechen. Die extreme finanzielle Verschiebung müsste sich eigentlich bei allen Cloud- und Streaming-Anbietern bemerkbar machen.

Cloud-Gaming statt Konsole?

Samsung stattet seine TV-Modelle aus 2020 mit Cloud-Gaming-Apps aus
Cloud-Gaming etabliert sich langsam, fristet innerhalb des Gaming-Markts aber immer noch ein Nischendasein

Und vergessen wir nicht das Cloud-Gaming. Dieses steckt derzeit noch in den Kinderschuhen und hat mit den typischen Problemen zu kämpfen, die komprimierte Videos so mit sich bringen. Sobald viele Details auf dem Bildschirm erscheinen, wird das Bild unruhig bzw. grob verpixelt (z.B. bei Explosionen mit vielen Funken oder Konfetti). Mit dem AI-Codec, wäre dieses Problem aufgrund der erhöhten Bandbreite, die genutzt werden könnte, praktisch nicht mehr existent. Wenn der Codec dann noch eine extrem geringe Latenz aufweist, dann sollten sich Konsolenhersteller wie Nintendo, Sony oder Microsoft wirklich warm anziehen.

Deep Render wird das Internet verändern

Wie ihr seht, stehen wir kurz vor einem kompletten Umbruch des Internets. Merkt euch den Namen „Deep Render“. Denn wenn alles wahr ist, was das Unternehmen in ihrem Finanzierungs-Pitch und dem Youtube-Video im Intel Newsroom zum Besten gegeben haben, dann bricht bald eine neue Ära an. Übrigens, bei einem so großartigen Produkt würde man doch vermuten, dass es hierzu unzählige Videos und Demos gibt. Wir konnten neben dem Intel-Promo-Video lediglich ein 4 Jahre altes Video (Tech Demo) auf deren Youtube-Kanal (derzeit 15 Abonnenten) finden. Zudem ein paar Auftritte von Mitarbeitern in irgendwelchen AI-Podcasts. Schon etwas wenig für das nächste Unicorn.

Dominic Jahn
Dominic Jahn
Couch-Streamer, TV-Umschalter & Genuss-Cineast. Am liebsten im Originalton, gerne auch in 3D! Paypal-Spende für die 4KFilme-Kaffeekasse
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6 Kommentare
  1. Und schon zieht die schwachsinnige Werbe Aussage der Deutschen Glasfaser nicht mehr… ihr braucht Glasfaser für Netflix, Streaming und so… haha

  2. So und jetzt mal den Feenstaub aus den Augen wischen und das Hirn wieder einschalten. Bei KI/AI setzt bei vielen zur Zeit der gesunde Menschenverstand aus.

    Da geht es primär um Geldsammeln/Growdfounding, wäre dass ganze so toll wie geworben, würden die Geldgeber Schlange stehen und man müsste nicht betteln

    Präsentationen/Vorstellungen die im Konjunktiv II formuliert sind, kann man in der imaginäre Schublade legen, direkt neben der Terminator Brennstoffzelle und dem Quantencomputer im Hosentaschenformat.

    • Korrekt. Ich hoffe, du hast aus dem Artikel herausgelesen, dass wir diesen mit einer gesunden Prise Skepsis verfasst haben. Die anderen Kommentierenden, zählen ja lediglich auf, was so ein Wunder-Codec alles leisten könnte.

  3. Auch als ein Nicht-IT-Experte ist der allgemeine Benefit eines solchen Codecs mehr als offensichtlich. Glaube durchaus, dass mit KI-optimierten Algoritmen generell eine Optimierung und Verbesserung in vielen Bereichen erzielt werden kann und auch kommen wird.
    Also auch im Bereich Komprimierung. Aber derzeit kann ich mir eine 50-fache Verbesserung einfach (noch) nicht vorstellen. Auch bin ich als Naturwissenschaftler immer etwas skeptisch, wenn jemand einen „heiligen Gral“ ankündigt oder verspricht (sage nur kalte Kernfusion oder den raumtemperatur Supraleiter). Da müssen erstmal reproduzierbare Tatsachen geschaffen werden und dann schauen wir mal weiter.
    Sehe die Internet-Landschaft auch nicht so pessimistisch, dass demnächst alles zusammenbrechen würde. Die Entwicklung geht ja allgemein voran und so ändern sich auch Serverlandschaften und Infrastrukturen.
    Insgesamt wird da in der Zukunft sowieso noch sehr viel passieren, wenn ich an die Forschungen rund um das Thema Quantenmechanik denke.

  4. Der Vorteil für Konsumenten?

    1. Wird sich dies auch auf potentielle Abo Gebühren auswirken
    2. Geringerer Verbrauch von Datenvolumen am Handy = niedrigere Kosten
    3. Höhere Bildqualität bei Filmen bei gleichzeitig weniger Bandbreite
    4. Games on Demand wird stärker wachsen, was die eigene Hardware schont oder gar den Erwerb neuer Hardware erspart
    5. Einer der nächsten Schritte wird sich vermutlich grundsätzlich auf Kompression von Dateien auswirken (ZIP) und so Allgemein die Downloadzeiten wie auch Bandbreite weiter reduzieren
    6. Gerade ländliche Nutzer werden stark von dieser deutlich erhöhten Reduzierung profitieren

    Allein die 5-fache Einsparung bei YouTube, Netflix und GeForce Now können sich enorm positiv auswirken. 50x wären utopisch und extrem genial, wenn es wirklich alltagstauglich wird. Allerdings glaube ich, dass sie mit dem ersten Schritt noch eine Weile zu tun haben werden und es für die 50 sicherlich noch 5-10 Jahre dauern wird, wenn wirklich etwas dran ist.

    Ich persönlich würde es sehr begrüßen, insbesondere wenn sich das auch auf ZIP und Co auswirkt.

    PS: Vor- und zurückspulen ist kein Problem. Amazon macht es sich einfach. Alle 10 Sekunden gibt es einen Snapshot, den du quasi durchklicken kannst. Was für 99,99% der Nutzer ausreichen dürfte.

  5. Verstehe noch nicht, was so großartig aus Sicht der Konsumenten sein soll? Toll, dass die Großkonzerne nun Geld sparen können, aber was bringt mir das als Konsument? Und so richtig kann ich mir auch noch nicht wirklich vorstellen, dass die Qualität darunter nicht leidet. Es muss ja ein extrem inkrementeller Ansatz verfolgt werden, um die Daten derartzu reduzieren. Was wiederum aber auch bedeutet, dass Funktionalitäten wie bspw. Vor- oder Zurückspulen noch schlechter aussehen werden, wie dies heute der Fall ist, da eben nur extrem aufwändig ein vollständiges Bild mittendrin errechnet werden kann bei einem extremen Fokus auf inkrementelle Videoverarbeitung-
    Also das hier das internet revolutioniert wird, sehe ich noch nicht und schon gar nicht aus Konsumentensicht..

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