Der weiße Hai auf 4K UHD Blu-ray im Test: Jetzt noch bissiger!

Inhalt (90%)

1975 läutete Steven Spielberg mit Der weiße Hai das ein, was man heute gemeinhin als „Blockbuster“-Kino bezeichnet. Eben jene Filme, die am Tag ihrer Veröffentlichung (oder in den Tagen darauf) so großes Interesse auf sich ziehen, dass die Filmfans in Schlangen bis „um den Block“ stehen, um ins Kino zu gelangen. Zwei Jahre vor George Lucas‘ Krieg der Sterne schaffte es sein Kumpel Spielberg, bei einem geschätzten Budget von sieben Mio. Dollar das 67-fache einzuspielen. Gut 470 Mio. Dollar stehen bis heute zu Buche, was (trotz einiger Millionen, die durch Wiederaufführungen über die Jahre hinzu kamen) für einen Film Mitte der 70er wirklich eine verteufelt große Menge Geld gewesen ist.

Spielberg hatte sich mit seinem erst zweiten abendfüllenden Kinofilm direkt in den Olymp der Hollywood-Regisseure katapultiert und einen bis heute kultisch verehrten Horrorstreifen inszeniert, der ein komplettes Subgenre nicht nur umkrempelte, sondern mit unzähligen Nachahmern „beglückte“. Zwar gab es den Tierhorror-Film schon seit es den Horror-Genre selbst gibt, doch derart lebensecht, bedrohlich und actionreich hatte noch keiner zuvor einen tierischen Gegner in Szene gesetzt. Bis heute darf man sich verwunderte die Augen reiben, wenn man sich vor dieselben hält, dass es sich bei den Szenen im Finale ausnahmslos um ein mechatronisches Puppen-Modell handelt, deren doppelreihiges Gebiss sich hier den Protagonisten entgegen reckt.

Der Bürgermeister sieht gar nicht ein, den Strand zu sperren

Erstaunlich genug, dass man (wenn man Der weiße Hai längere Zeit nicht gesehen hat), vornehmlich die Szenen im Kopf hat, in denen das riesige Monstrum zu sehen ist. Dabei wird der Großteil der Spannung doch erzeugt, während man ihn eben NICHT sieht, sondern nur „vermutet“. Unterstützt von einer der genialsten Filmmusiken aller Zeiten erzeugt Spielbergs Horror-Actioner eine bis heute kaum erreichte Spannung im Subgenre. Wenn die Kamera zu den immer intensiver werdenden Streichinstrumenten auf Tauchfahrt geht, bewirkt der Film genau das, was das (geschickte) Marketing prophezeite: Nach Der weiße Hai würde sich niemand mehr trauen, im offenen Meer schwimmen zu gehen.

Etwas, das Peter Benchley, den Autor der Romanvorlage, im Nachhinein übrigens zur Reue trieb. Es tat ihm leid, das Buch geschrieben zu haben, weil er dem Hai (und vor allem dem Großen Weißen) Unrecht getan hatte. Zahllose Tierdokumentation mussten in den folgenden Jahrzehnten das Image der Raubfische wieder gerade rücken; mussten „reparieren“, was Spielbergs Film an Reaktionen auslöste. Kaum zu glauben, dass ein heutiger Film noch mal einen ähnlichen gesamtgesellschaftlichen Einfluss haben könnte. Und kaum zu glauben, dass es noch mal einen ähnlich spannenden, geschickt aufgebauten und gleichzeitig um seine Figuren bemühten Horrorthriller geben wird.

Der alte Seebär Quint stellt sein Boot zur Verfügung

Denn Der weiße Hai ist mitnichten bloß ein Urängste erweckender Streifen, der geschickt die menschliche Phobie vor der Ungewissheit aus der Tiefe triggert. Vielmehr kümmert er sich um die genaue und emotional nachvollziehbare Entwicklung seiner Figuren. Selbst wenn diese nicht ganz ohne Klischees auskommen (vom knurrig-raubeinigen Seebär handelt ja nicht zum ersten Mal ein Film), so bleibt Spielberg vor allem in der Schilderung der Familie Brody ganz authentisch. Der Chief, seine Frau und die Kids bilden das Gewissen des Films. Gemeinsam mit Wissenschaftler Hooper kämpfen sie gegen die Ignoranz der Stadträte und des Bürgermeisters – und legen dabei noch einen weiteren Aspekt des Films offen: Seine Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft der USA.

Trotz der fatalen Bedrohung lassen sich die Verantwortlichen nicht dazu bringen, die Strände zu schließen. Es geht ja ums Geschäft. Immerhin steht der einträchtige Sommer vor der Tür. Die Story kombiniert die Ignoranz der Geschäftemacher mit der Panik und Massenhysterie der US-Mittelschicht. Der gemeinsame „Gegner“ ist ähnlich abstrakt wie der LKW in Spielbergs fürs TV gedrehtem Film Duell. Und er taucht genauso unerwartet auf und macht Jagd auf die ahnungslosen Touristen und Anwohner. Ganz unähnlich sind sich Duell und Der weiße Hai erzählerisch also nicht. Dennoch perfektioniert Spielberg in seinem zweiten Kinofilm sein handwerkliches Talent und sein sicheres Händchen für Schauspielführung. Allerdings artete die Produktion doch massiv aus. Dreimal so viele Drehtage als die veranschlagten 52 brauchte man am Ende, um sämtliche Szenen in den Kasten zu bekommen. Das Ergebnis indes überzeugt heute wie damals und darf mit Fug und Recht als echter Horror-Klassiker gelten.

Der weiße Hai - 4K UHD - Steelbook [Blu-ray]
  • Roy Scheider, Richard Dreyfuss, Lorraine Gary (Schauspieler)
  • Steven Spielberg (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren

Bildqualität (90%)

Der 4K-Scan des Filmmaterials von Der weiße Hai fand bereits vor acht Jahren für die Blu-ray-Veröffentlichung statt. Seinerzeit wurde das 35mm-Material komplett neu gescannt, gesäubert und bearbeitet. Im Zuge der UHD-Veröffentlichung konnte man nun dieses 4K-Master nehmen und es in seiner nativen Form über ein 4K-DI auf die Scheibe pressen. Natürlich nicht, ohne zuvor noch ein HDR-Grading vorzunehmen. Enthalten sind dieses Mal alles HDR-Formate: HDR10, HDR10+ und Dolby Vision. Dazu hat man das Ganze im Rahmen eines erweiterten Farbraums (Rec.2020) gemastert.

Da die Blu-ray bereits wirklich sehr gute Werte liefert, sollte man aufgrund der gleichen Basis und des damals bereits korrigierten Color Gradings keine eklatanten Unterschiede im generellen Look erwarten. Doch davon ab, schlägt die UHD die Blu-ray dennoch. Schon alleine, weil hier offenbar weder nachgeschärft, noch rauschgefiltert wurde. Was sich dem Betrachter zeigt, ist ein authentisches und filmisch-analoges Bild, das seine ursprüngliche Körnung nicht verschweigt und sie mit Stolz darstellt. Da hier nicht mit dem gröbsten Material gearbeitet wurde, ist es aber auch zu keiner Zeit überpräsent und deshalb nie störend. Die Schärfe bleibt weiterhin hervorragend, allerdings eben nicht übertrieben überzeichnet. Manchmal könnte man meinen, die UHD wäre softer als die BD, was aber wiederum nur entlarvt, dass bei der Blu-ray seinerzeit etwas nachgeholfen wurde. Nichtsdestotrotz erkennt man über die UHD ebenso gut die Struktur auf Jeansjacken oder seltsamen Anzugmustern. Auch die Lederhaut des gefangenen Hais bildet sich dreidimensional ab.

Die UHD ist durchweg homogener kontrastiert und bietet frischere Farben als dieses offizielle Presse-Szenenfoto

Da die Körnung durchweg harmonischer und „echter“ ausfällt, bleiben auch kleinere Probleme der Blu-ray aus. Der leichte Anflug von schwarzer Fliegenschwarm-Körnung im Himmel beim Wechsel von Kapitel 11 auf 12, der über die BD zu sehen ist, ist der UHD jedenfalls fremd. Farben unterscheiden sich zwar nicht grundlegend, sind aber insgesamt natürlicher und neutraler. Gerade Sand oder Asphalt profitiert davon, da die BD hier etwas grünlicher erscheint. Hervorragend gelingen trübere Szenen im Nebel oder bei Fernshots auf dem Wasser. In diesen Szenen ist die Blu-ray deutlich milchiger, während die UHD echten Kontrast zurück holt.

In Summe bietet die UHD zwar keine Quantensprünge, vermeidet aber kleinere Mankos der Blu-ray, ist neutraler, kontrastreicher und insgesamt filmischer. Fünf Worte zu HDR10+: Erneut keinerlei Differenz zu HDR10. Ein paar mehr Worte zu Dolby Vision: DV ist gegenüber HDR10 in vielen Szenen heller und prägnanter. Ab und an aber auch etwas kontrastärmer, da zu aufgehellt. Die Farbgebung ist nicht mehr ganz so neutral, dafür hat sie die beste Durchzeichnung im Schwarz.

Der weiße Hai - 4K UHD - Steelbook [Blu-ray]
  • Roy Scheider, Richard Dreyfuss, Lorraine Gary (Schauspieler)
  • Steven Spielberg (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren

Tonqualität (65%)

Die UHD kommt fürs Englische und Deutsche erneut mit den 2.0-Monospuren, die auch die BD hat. Hinzu kommt je ein Dolby-Atmos-Track (True-HD basiert) für beide Sprachen. Während die deutsche Atmos-Fassung hörbar auf der 2004er Neusynchro basiert, erscheint der O-Ton durchaus so deutlich verändert, dass man hier einen neuen Mix vermuten kann. Gegenüber der 7.1-dts-HD-MA-Version der Blu-ray ist die Atmos-Fassung des englischen Tons gerade in den Actionszenen noch mal hörbar räumlicher und offener geworden. Surroundeffekte sind aggressiver abgemischt (Explosion des Hais im Finale) und wirken dadurch zeitgemäßer. War die bisherige 7.1-dts-HD-MA-Fassung die bis dato qualitativ beste Möglichkeit, Der weiße Hai zu hören, toppt die Atmos-Fassung das noch einmal.

Traditionalisten werden vielleicht bemängeln, dass hier etwas zu viel des Guten betrieben wird, wenn das Original doch lediglich in Mono vorlag. Das stimmt natürlich in gewisser Weise, weshalb hier auch die Mono-Fassung als Alternative vorliegt.

Wenn die Action im Finale losgeht, liefert der Ton recht gut ab. Leider bei der Atmos-Fassung in der deutschen Neusynchronisation

Die deutsche Atmos-Version bietet gegenüber der 7.1-dts-HD-HR-Fassung der Blu-ray etwas mehr Punch bei den Surroundeffekten. Das kann aber auch an einer geringen Lautstärke-Anhebung liegen, die man der Spur grundsätzlich attestieren kann. Wirklich besser oder schlechter ist sie nicht.

Hören wir uns mal an, was von der oberen Ebene kommt, so sollte man jetzt nicht zwingend ein Feuerwerk erwarten. Der weiße Hai wurde zu einer Zeit gedreht, als noch keine Drohnen herum flogen. Auch Superhelden, die durch die Luft fliegen oder Raumschiffe gibt’s hier nicht. Zunächst einmal beschränken sich die Heights deshalb darauf, den Score von John Williams in den dramatischeren Momenten immer mal wieder zusätzlich wiederzugeben. Und dabei bleibt es dann auch – und zwar bis zur 57. Minute, in der man kurz mit im Hubschrauber sitzt, was durch ein kurzes Flappen der Rotoren untermalt wird.

Nach 58’27 gibt’s dann mehrfach Unterwasser-Geräusche aus den Heights. Für die nächsten Overhead-Effekte muss man sehr genau hinhören. So gibt’s ein bisschen Holzknacksen vom Boot während der Gespräche im Rumpf nach etwa 94/95 Minuten und etwas Gluckserei bei den Käfigszenen. Wenn der Hai angreift, setzt dann der lauteste Effekt von oben ein, was allerdings visuell absurd ist, da das Ganze auf der Höhe der Kamera passiert. Zum Finale gibt’s dann noch mal etwas Wasserplatschen und ein bisschen Gesplatter im Zuge der Explosion. Mehr als eine Handvoll echte 3D-Sounds liefert die Atmos-Spur nicht. Dafür ist die Originalfassung auf der regulären Ebene noch mal besser als die bisherige 7.1-dts-HD-Master-Version.

  • Deutsch: Dolby Atmos (65%) 2D-Betrachtung
  • Deutsch: Dolby Atmos (20%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Deutsch: Dolby Atmos (65%) 3D-Betrachtung (Qualität)
  • Englisch: Dolby Atmos (85%) 2D-Betrachtung
  • Englisch: Dolby Atmos (20%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Englisch: Dolby Atmos (65%) 3D-Betrachtung (Qualität)

Bonus (60%)

Da die enthaltene Blu-ray identisch mit jener von 2012 ist, bleibt auch das Bonusmaterial identisch. Begonnen bei unveröffentlichten und verpatzten Szenen geht es weiter mit einem „Making-of Jaws“. In diesem geht es volle 122! Minuten lang um die Hintergründe der Produktion. Steven Spielberg wird hier hauptsächlich einbezogen, der unterschiedliche Aspekte erklärt, während hin und wieder Filmausschnitte zu sehen sind. „Der Hai funktioniert noch“ ist ein zehnteiliger Dokumentarfilm, der nach einer Einleitung der Produzenten noch einmal gut 100 Minuten Zeit in Anspruch nimmt und das Phänomen von Der weiße Hai ergründet. Dabei geht man durchaus auch auf die schwierigen Produktionsumstände ein, die seinerzeit für Terminverschiebungen sorgten.

In „Jaws: Die Restaurierung“ wird dann gut acht Minuten erzählt, wie genau man 2012 bei der Restaurierung vorging. Ein sehr sehenswertes Special für Technikfreaks. „Blick auf die Dreharbeiten“ letztlich geht noch einmal neun Minuten und ist eher als Behind the Scenes zu sehen. „Die Archive“ hält dann noch Storyboards, Produktionsfotos sowie zwei Featurettes über das Marketing (Poster und Werbeanzeigen) und das „Phänomen“ von Jaws bereit. Letzteres sind dann internationale Werbe-Banner und Poster. Löblicherweise enthält die UHD (fast alle) Extras ebenfalls.

Gesamtbewertung Der weiße Hai  (82%)

Der weiße Hai ist nach wie vor ein spannender Klassiker, der ein ganzes Subgenre neu definiert hat. Auch 45 Jahre später unterhält Spielbergs Film blendend. Und nun gibt’s ihn in der visuell bisher besten und authentischsten Weise. Das Bild der UHD merzt praktisch alle Fehler der (bereits guten) Blu-ray aus und ist in jedem Punkt etwas besser.

Die Atmos-Spuren bleiben in Sachen 3D-Sound zwar Lebhaftigkeit schuldig, doch im Grunde überrascht das nicht, wenn der Film an sich kaum Möglichkeiten dazu bietet. Nach wie vor ärgerlich ist die deutsche Neusynchro, während der englische Atmos-Sound die bisher räumlichste und „rundeste“ Möglichkeit ist, den Film zu hören. Die alten 2.0-Mono-Spuren kennt man schon von der Blu-ray. Sie tun ihren Job ordentlich und sind für die Traditionalisten die erste Wahl.
Wer das mittlerweile ausverkaufte Steelbook verpasst hat, der sollte demnächst von einer aller Wahrscheinlichkeit nach kommenden Amaray-Fassung profitieren.

Der weiße Hai - 4K UHD - Steelbook [Blu-ray]
  • Roy Scheider, Richard Dreyfuss, Lorraine Gary (Schauspieler)
  • Steven Spielberg (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren

Technische Details & Ausstattung:

Erscheinungstermin: 18. Juni 2020 Review am: 07.07.2020
Erscheinungsjahr Film: 1975 Laufzeit: 124 Minuten
Filmstudio: Universal FSK: ab 16 Jahre
Auflösung / Bildfrequenz:
2160p @ 24p Untertitel:
Deutsch, Englisch
Bildformat:
2.35:1 / 16:9 Tonspur:
Deutsch Dolby Atmos
Englisch Dolby Atmos
High Dynamic Range:
HDR 10
HDR 10+
Dolby Vision
Ausstattung:
4K Blu-ray
HD Blu-ray
Testgerät TV: LG OLED55B7D Testgerät Player: Panasonic UB9004

Der weiße Hai Trailer:

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Timo Wolters
Timo Wolters
Der echte Filmfan bleibt im Heimkino: Das Bild ist besser, der Sound unmittelbarer und die Sitznachbarn angenehmer - Timo rezensiert seit 2002 mit Leidenschaft (fast) durch alle Genres. Aktuelle Rezensionen findest du auf blu-ray-rezensionen.net
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