Inhalt (75%)
Schon im Vorfeld der Veröffentlichung von Suicide Squad wurde mit dem Gedanken gespielt, weitere Spin-offs aus dem DC-Universum in die Wege zu leiten. Unter anderem eben auch einen Solofilm über Harley Quinn. Der fast schon unerwartete große Erfolg von Suicide Squad untermauerte das Vorhaben. Vor allem aber auch deshalb, weil Margot Robbie ihre versammelten „Selbstmord“-Kollegen glatt an die Wand spielte. Margot Robbie hatte so etwas wie eine Kultikone geschaffen, die als Powerfrau für modernen Feminismus stand. Nicht, weil sie Konflikte gerne mal mit ihrem Baseballschläger löst, nein. Es ist die Art der Unabhängigkeit, die im modernen Fantasyfilm seinesgleichen sucht.
Ursprünglich ist die Beziehung zwischen dem Joker und Quinn durch eine Abhängigkeit charakterisiert. Harley verliebt sich in den manipulativen Joker, während dieser sie benutzt, um an seine Ziele (bspw. das Entkommen aus dem Arkham Asylum) zu kommen. Er ist vermeintlich aufrichtig zu ihr, manipuliert sie aber umso mehr und beginnt später, sie psychisch und physisch zu missbrauchen. Bereits in Suicide Squad emanzipiert sich Quinn aber von ihm und erreicht eine Unabhängigkeit, die bei den weiblichen Zuschauern super ankam.
Harley Quinn: Birds of Prey geht nun aber noch einen Schritt weiter. Nachdem der Joker sie auf die Straße setzt, emanzipiert sich Harley immer mehr von ihm und symbolisiert das Ganze durch die Zerstörung von Ace Chemicals – jenem Ort, wo sich Harley ebenfalls in einen Bottich Säure warf, um die Bindung zum Joker zu vertiefen. Nun reinigt sie sich von dieser Vergangenheit und von all dem, was der Joker bei ihr für Narben hinterlassen hat.
Robbie merkte man schon in Suicide Squad an, wie sie voll und ganz in ihrer Rolle aufging und sich für sie einsetzte. Und so verwundert es nicht, dass sie es selbst war, die schon 2015 Warner das Soloprojekt vorschlug.
Drei Jahre setzte sie sich für die Story ein, sowie dafür, dass eine Regisseurin verpflichtet wird. Tatsächlich schaffte Margot Robbie auch das, was vielleicht auch daran lag, dass sie nunmehr auch als eine der Produzentinnen fungierte. Cathy Yan, die man für die Regie an Bord holte, inszenierte damit ihren ersten US-Film und freute sich darauf, einen weiblichen Rachefilm zu inszenieren. Und herausgekommen ist genau das: Ein knallbunter, gewalttätiger, von einer Frauengang dominierter Anti-Superheldenfilm, bei dem die Protagonistin mit einer pink angemalten Pumpgun auf die Jagd geht oder wahlweise eine Konfetti-Kanone! nutzt, um in ein Polizeipräsidium einzudringen. Dabei nutzt Birds of Prey nicht nur einmal das Stilmittel des Durchbrechens der Vierten Wand, was schon Ryan Reynolds in Deadpool für zahlreiche Wendungen ans Publikum nutzte.
Auch Robbie spricht zum Zuschauer, macht ihn zum Komplizen ihrer Taten oder zum Zeugen der Verwunderung, wer plötzlich alles hinter ihr her ist. Sie erklärt gewisse Hintergründe, während der Film schon mal anhält oder in der Zeit zurück springt.
Erzählerisch ist das zwar irgendwann etwas ermüdend, visuell funktioniert’s aber wunderbar. Denn wenn Harleys Leben aus Chaos und Anarchie besteht, warum dann nicht auch der Film? Das ist in Summe unterhaltsam, ziemlich zackig inszeniert und mitunter gnadenlos witzig. Eine zusammenhängende Story sollte man allerdings nicht suchen. Denn die findet sich in dieser Abfolge von Ereignissen nur trümmerhaft.
Garniert mit großartigen Nebenrollen merkt man jeder/jedem der Beteiligten den großen Spaß am Treiben an. Ob das Mary Elizabeth Winstead als eiskalte und wirklich cool auftretende Armbrustkillerin ist oder Ewan McGregor, der als Roman/Black Mask wunderbar übertrieben agiert – quasi einen schauspielerischen Konterpunkt zu seiner Rolle als Danny Torrance in Doctor Sleeps Erwachen setzt. Es sind dann tatsächlich die versammelten Darsteller/innen, die in Kombination mit den irren Actioneinlagen, dem erstaunlich hohen Gewaltlevel und dem abgefahrenen Look den Unterhaltungswert erzeugen, den das schwache Drehbuch selbst nicht hinbekommt. Wer Harley Quinn seit Suicide Squad mochte, wird ihren Soloauftritt lieben; gleiches sollte für all jene gelten, die sich einen Mix aus Atomic Blonde und Netflix‘ Polar vorstellen können. Wer tiefgründige Story oder bekannte Inszenierungsmuster sucht, wird hier indes nicht fündig.
- Robbie, Margot, Winstead, Mary Elizabeth, Smollett, Jurnee (Schauspieler)
- Yan, Cathy(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Bildqualität (90%)
Harley Quinn: Birds of Prey wurde mit Arri Alexa Minis und Arri Alexa SXTs komplett digital aufgenommen. Am Ausgang der Kameras lag eine Auflösung von 3.4K an, was über ein 4K Digital Intermediate gemastert wurde. Die UHD ist also nahezu nativ 4K.
Obendrauf spendierte Warner erneut sämtliche HDR-Formate von HDR10 über HDR10+ bis hin zu Dolby Vision. Vorab auch hier: HDR10+ zeigte auf dem kalibrierten Testgerät erneut keinerlei Unterschiede. Dolby Vision wirkt in vielen Szenen etwas heller und bietet etwas mehr Punch. Allerdings sind die Unterschiede hier nicht allzu groß.
Ganz im Gegensatz zur Differenz zwischen der Blu-ray und der UHD. Denn diese ist bei Harley Quinn durchaus bemerkenswert. Zunächst zeigt sich in den allermeisten Szenen sehr gut sichtbar der Auflösungsvorteil. Dafür muss man nicht einmal die Vogelperspektiven der Stadt (ab 38’02) heranziehen, sondern entdeckt das auch bereits in Close-ups und bei Halbtotalen. Der Bildfluss ist durchweg ruhiger, die typischen, leicht grieseligen Artefakte rund um Objekte, die im Hintergrund stehen, sind der UHD fremd.
Schauen wir uns dann doch mal die Luftaufnahmen der Skyline an, so bleiben Fenster klarer umrandet, kann man Details wie Antennen besser erkennen und die Wandstrukturen bleiben stabil und ohne Rauschen – hier spielt die UHD ihre Vorzüge durchweg aus. Ebenso tut sie dies beim Kontrast und bei den Farben. Während Letztere stets etwas kräftiger sind, holt die Kontrastdynamik deutlich mehr Tiefe aus dem Bild. Helle Himmelshintergründe sind besser durchzeichnet, Schwarz ist etwas satter und Farbabstufungen liefern mehr Differenzierung. Der Comic-Strip direkt zu Beginn des Films hält zudem teils komplett anderen Farben und Farbnuancen parat. Die UHD ist deshalb ohne Einschränkung die bessere Wahl.
- Robbie, Margot, Winstead, Mary Elizabeth, Smollett, Jurnee (Schauspieler)
- Yan, Cathy(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Tonqualität (80%)
Harley Quinn hatte bei seiner Erstveröffentlichung hierzulande über iTunes einen fast schon ärgerlich undynamischen Sound mit wenig Durchschlagskraft im LFE-Kanal. Damals war die Hoffnung, dass dies am Komprimierungsverfahren des VoD-Anbieters liegt und die physische Disk das besser macht. Leider muss man sagen: Nur bedingt. Die unkomprimierte deutsche Fassung klingt etwas feiner aufgelöst als der iTunes-Track, in puncto Dynamik hat man aber schon weitaus bessere Scheiben gehört. Vor allem die Filmmusik bleibt erstaunlich flach. Und das nicht nur in den einleitenden Szenen, in denen sie grundsätzlich nur unterlegt ist, während Quinn ihren Lebenslauf schildert. Außerdem sollte man (eher üblich bei Disney-Titeln) grundsätzlich um gut 7-8 dB höher einpegeln, da das Geschehen doch deutlich leiser abgemischt ist als üblich.
Wenn Action geboten wird, wird man das Gefühl nicht los, dass man hier einfach mehr Spreizung hätte aufwenden können. Schüsse aus der Konfetti-Pumpgun, Tritte in Weichteile oder auf Schienbeine – irgendwie ist man hier einfach mehr Punch und Druck gewohnt.
Auch im Showdown wird die Action (umherfliegende Fahrzeuge etc.) einfach zu wenig mit dynamischer Spreizung präsentiert. Viele Soundeffekte wirken oberflächlich, reichen kaum in den Tiefbass und ragen aus dem Einerlei an flach klingender Filmmusik kaum heraus. Es gibt nur wenige Szenen, die mal heraus stechen, wie die Körper-Explosion nach 97’13.
Der Trost für Fans des O-Tons: Trotzdem dieser auf DD+ (mit 1.5 Mbps) festgenagelt ist, klingt er sehr vergleichbar und nicht noch weniger dynamisch.
Wechseln wir auf die Höhen-Ebene, hört man während des Comic-Intros schon ein paar Mal ein Pfeifen aus den Heights und auch die Musik gesellt sich dezent hinzu. Wenn Harley dann in die Chemiefabrik donnert, intensiviert sich die Musik aus den Heights und es setzt ein beeindruckendes Feuerwerk von oben. Kurz darauf gibt’s ähnliche Geräusche noch mal und bei 22’12 wird ein Song richtig aggressiv mit nach oben gemischt. Außerdem hört man auch den Sound der Konfetti-Wolke aus der Knarre und auch das Rückspulen bei 23’45. Auch Romans Sprachorgan kommt irgendwann mal sehr präzise von oben (44’47). Nach 47’30 sind es dann wieder ganz irdische Geräusche wie Sirenen, oder eine Sprenkleranlage, die den Sound nach oben prächtig erweitern. Hier hört man ein paar der beeindruckendsten Regentropfen, die Atmos jemals dargestellt hat.
Im Nachgang gibt es dann auch noch reichlich rumfetzende Schüsse und umherwirbelnden Staub. Witzig ist auch der Heiligenschein über dem asiatischen Händler, der akustisch korrekt über unseren Köpfen entsteht. Krass fetzig sind dann die Schüsse nach 62’50, die sich anhören, als ob jemand Knallfolie zerplatzen lässt. Kurz vor der Explosion bei 69’00 wird es dann dynamisch, wenn der Score bohrend über die Heights hinzu stößt und danach Schutt auf Harley fällt. Ab 85’18 geht’s dann noch mal richtig rund, wenn Schüsse vehement von oben kommen und die Birds durch die Rutsche donnern. Insgesamt hat man zwar schon 3D-Tonspuren mit mehr Aktivität gehört, aber die vorhandenen 3D-Sounds sind korrekt platziert und runden das Vergnügen nach oben hin eindrucksvoll und witzig ab.
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (75%) 2D-Betrachtung
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (70%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (80%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (70%)
Das Bonusmaterial von Harley Quinnfindet sich komplett auf der Blu-ray. Aktiviert man hier „Aus der Vogelperspektive“ beginnt der Film und blendet währenddessen immer wieder Interview-Fetzen mit den Machern ein, zeigt die Arbeiten an den Kostümen oder schildert die Wurzeln in den Comics. „Harleys kongeniale Partnerinnen“ kümmert sich gut achteinhalb Minuten um die Hauptfiguren und lässt ihre Darstellerinnen zu Wort kommen. „Romanesque“ nimmt sich gut fünf Minuten Zeit, um den Bösewicht und seinen Darsteller Ewan McGregor zu porträtieren. „Roller Derby Herby“ nimmt Bezug auf die Rollerball-Szene und lässt auch die Stuntfrau zu Wort kommen. „Gothams düstere Seite“ zeigt gut zehn Minuten lang, wie viel Arbeit die Setdesigner aufgewendet haben, um die Interieurs und ikonischen Elemente Gothams aufleben zu lassen. „Zurechnungsfähigkeit ist so was von out“ schaut der Kostümdesignerin über die Schulter und „Crazy Nerds“ analysiert ein wenig, wie Visual Effects Supervisor Greg Steele den Flair des Films in seine Spezialeffekte aufnahm. Eine Gag Reel schließt das recht umfangreiche Material ab.
Gesamtbewertung Birds of Prey (82%)
Harley Quinn – Birds of Prey ist ein überdrehter Anarcho-Spaß, über dessen (hin und wieder) alberne Einlagen sowie die kaum vorhandene Story man schon deshalb hinwegsehen kann, weil die Darsteller wie entfesselt agieren und die visuellen Ideen noch für drei andere Filme reichen würden. Auch wenn viele ihn für verkorksten Sondermüll halten. Ganz und gar kein Sondermüll ist die UHD, die gegenüber der Blu-ray das sichtbar detailreichere, in der Tiefe stabilere und deutlich kontraststärkere Bild hat. Der Ton lässt leider (wie schon beim Stream) zu Wünschen übrig. Während die 3D-Sounds noch Spaß machen und durchaus zahlreich sind, fehlt’s auf der regulären Ebene leider in allen Sprach- und Kodierungsfassungen etwas an Dynamik. Schade. Trösten kann man sich hier mit der sehr effektvoll-räumlichen Darbietung.
- Robbie, Margot, Winstead, Mary Elizabeth, Smollett, Jurnee (Schauspieler)
- Yan, Cathy(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 09. juli 2020 | Review am: | 24. Juli 2020 |
Erscheinungsjahr Film: | 2019 | Laufzeit: | 109 Minuten |
Filmstudio: | Warner Home Video | FSK: | Ab 16 Jahren |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.39:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch Dolby Atmos Englisch Dolby Atmos |
High Dynamic Range: |
HDR 10 Dolby Vision |
Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
„Birds of Prey“ Trailer:
Transparenz: Dieser Artikel enthält Affiliate-Links. Wenn ihr auf diese klickt, werdet ihr direkt zum jeweiligen Anbieter weitergeleitet. Falls ihr einen Kauf tätigt, bekommen wir eine geringe Provision. Für euch bleibt der Preis unverändert. Vielen Dank für eure Unterstützung!
Euren Bericht würde ich so auch unterschreiben. Margot Robbie spielt genial, genau so spielt man diese Figur. Und der leicht wirre Erzählstil passt hier auch einfach perfekt zum Thema, linear erzählt würde der Film etwas verlieren.