Pokémon Meisterdetektiv Pikachu 4K Blu-ray im Test: Abzüge in der B-Note

Inhalt (75%)

Man stelle sich vor: Der Autor dieser Zeilen hat bis zu diesem Zeitpunkt nicht ein einziges Nintendo-Videospiel gespielt. Er ist nie in Berührung mit einem Game aus der Pokémon-Reihe gekommen und wenn er ehrlich ist, hat er keinen blassen Schimmer, worum es da geht. Ich hatte und habe die Pokémons bewusst ignoriert – selbst dann noch, als vor drei Jahren scheinbar verwirrte Teenager (und Erwachsene) auf öffentlichen Plätzen mit dem Handy vor der Nase umherirrten und nicht selten unglückliche Unfälle erlebten, weil sie virtuellen Kuscheltierchen nachjagten. Kein Wunder, dass mir ein „D’oh“ in einer innerlichen Lautstärke entfuhr, dass es wohl Homer Simpson in Springfield noch wahrgenommen hat, als bekannt wurde, dass man diesen Videogame-Kosmos nun mit einer Real-Verfilmung „segnen“ würde. Kurzum: Meine Meinung war von vornherein zementiert: „Was für ein Quatsch!“

Ganz sicher nicht die neutralste Herangehensweise an einen Film. Auch wenn es vielleicht eher von Vorteil ist, das Pokémon-Universum so gar nicht zu kennen. Denn wer nicht weiß, was dahintersteckt, der kann auch nicht mit romantisierter Erwartungshaltung reingehen – oder wahlweise furchtbar enttäuscht werden, wenn’s dann doch ganz anders wird als erhofft. Im Vorfeld der Rezension zu Pokémon Meisterdetektiv Pikachu recherchiert man aber natürlich ein bisschen. Und man stolpert über eine Vielzahl sehr wohlwollender Kritiken. Und dann liest man sich mal eine Inhaltsangabe durch und denkt sich: Moment mal. So etwas hattest du gar nicht erwartet: Neo-Noir-Stil, Blade-Runner-Optik, Detektiv-Krimi im Hardboiled-Style – das klang so gar nicht nach niedlichen Kuscheltieren, die einem japanischen Jugendlichen einfielen, weil er als Kind gerne Insekten sammelte.
Und tatsächlich: Pokémon Meisterdetektiv Pikachu straft so ziemlich alle Vorurteile Lügen.

Tim bekommt Zweifel am Tod seines Vaters

Einmal in den unbekannten Kosmos eingetaucht, nimmt der Film aufgrund seiner Optik sofort gefangen. Blade Runner wurde als Inspiration genannt. Und das ist soweit hergeholt nicht. Ryme City hat durchaus Ähnlichkeit mit dem L.A. aus Ridley Scotts Film und die Atmosphäre erinnert deutlich mehr an die Krimis von Raymond Chandler als bspw. an einen Roger Rabbit (um mal beim Interaktionsfilm zwischen Real-Menschen und animierten Figuren zu bleiben).

Selbst wenn die Geschichte an sich etwas vorhersehbar ist, folgt man dem Duo aus gelbem Elektro-Pokémon und seinem unfreiwilligen Partner Tim Goodman gespannt und manchmal sogar berührt. Denn, verdammt noch eins, diese Pikachu-Dings ist süß! Supersüß. Und gleichzeitig durchtrieben. Denn es wird von keinem geringeren als Mr. Selbstironie persönlich gesprochen: Ryan Reynolds. Klar, nur im Original. Aber die gepfefferten Dialoge und Kalauer haben’s auch in die Synchro geschafft und Dennis Schmidt-Foß, der deutsche Sprecher von Reynolds, gehört nicht nur zu den Besten seines Fachs, sondern hatte auch schon die Deadpool-Filme für deutsche Zuhörer zum Fest werden lassen.

Pikachu erweist sich zwar als vergessliches, aber zuverlässiges Kerlchen

Der Chemie zwischen Pikachu und Justice Smith tut das nur gut – wobei (so ehrlich muss man sein) das plüschige Pokémon seinen Kollegen aus Fleisch und Blut glatt an die Wand spielt. Die Einbindung der Fantasiewesen gelingt übrigens durchweg hervorragend. Man hat es vorzüglich hinbekommen, das Ganze in den leicht körnigen Look des mit analogen Kameras aufgezeichneten Films einzubinden. Trotz eines 150 Mio. Dollar Budgets gibt es aber leider ein paar ärgerliche Tricks, die furchtbar billig aussehen, wie beispielsweise das flüchtende Auto zu Beginn. Nicht billig, aber vorhersehbar ist dann die Story. Und das betrifft nicht nur das übliche Abklappern klischeehafter Krimi-Stationen, sondern auch eine gewisse Storywendung, die sich lange vor der Auflösung ankündigt. Sei’s drum: Spaß macht das trotzdem irgendwie. Und auch wenn die Pokémon-App sich nicht auf meinem Smartphone einfinden wird, hat das Pokémon-Universum nun einen – wenn auch kleinen – Fan mehr.

Pokémon Meisterdetektiv Pikachu (4K Ultra-HD + Blu-ray)
  • Watanabe, Ken, Nighy, Bill, Geere, Chris (Schauspieler)
  • Letterman, Rob (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren

Bildqualität (70%)

Kameramann John Mathieson filmte Pokémon Meisterdetektiv Pikachu analog auf 35mm Film und begründet die Entscheidung damit, dass er den Film trotz seiner fantastischen Elemente soweit wie möglich „real“ wirken lassen wolle und dies mit analogem Material deutlicher würde. Außerdem würde analoger Film Farben durchweg satter und reichhaltiger aufzeichnen, was mit Digitalkameras schlicht immer noch nicht möglich sei. Der Neo-Noir-Story würde das außerdem gut tun und sie authentischer im Genre verwurzeln. Fürs Kino (und damit auch als Basis für die UHD) wurde allerdings laut der verfügbaren Quellen nur ein 2K-Digital-Intermediate angefertigt. Was zwar verwunderlich ist, wenn man den Film eigentlich in bestmöglicher Qualität für das aktuelle UHD-Medium oder auch 4K-Streams auf Streaming-Plattformen konservieren wollte, bei näherem Überlegen aber doch wieder Sinn macht. Denn die Welt dieses Films besteht dauerhaft aus einer Interaktion mit den Fantasiefiguren. Da diese natürlich per CGI am Rechner entstanden (und das in 2K), ist es nachvollziehbar, wenn man die Realfiguren nicht zu deutlich herausstechen lassen wollte, um einen insgesamt homogenen Look zu erzielen – was zweifelsfrei gelungen ist.

Die UHD hinterlässt keinen sonderlich beeindruckenden HDR-Effekt

Abgesehen von der Auflösung stattete man die UHD mit einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum aus und gab ihr die höhere Kontrastdynamik nach dem statischen HDR10 mit auf den Weg. In der Praxis fällt die Differenz aber herzlich gering aus. Gerade in Sachen Farbkraft und Bilddynamik sind die Unterschiede gering. HDR10 (hier gerade mal mit 200 Nits maximaler Spitzenhelligkeit gemastert), holt weder sonderlich starke Highlights hervor, noch lässt der erweiterte Farbraum wesentlich kräftigere Töne zu. Der größte Unterschied ist die etwas dunklere Abstimmung, die weniger Hang zu gräulich-nebligen Hintergründen hat. Der zweite Punkt betrifft die Bildruhe. Das Korn ist sichtbar feiner und sorgt für ein ruhigeres Bild. Das sieht man sehr gut bei der Totalen von Ryme City, deren Oberflächen stabiler erscheinen und Umrisse durch das feinere Korn besser erkennen lassen. Die Blu-ray ist hier gröber und wirkt dadurch unruhiger. Gerade für große Projektionen lohnt sich deshalb die UHD. Auf einem 55“-TV fallen die Differenzen hingegen sehr gering aus.

Pokémon Meisterdetektiv Pikachu (4K Ultra-HD + Blu-ray)
  • Watanabe, Ken, Nighy, Bill, Geere, Chris (Schauspieler)
  • Letterman, Rob (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren

Tonqualität (80%)

Wie man es bei Warner und den größeren Titeln bereits kommt, kommt schon die Blu-ray mit einem Atmos-Sound fürs Deutsche und Englische. Allerdings mit der (ebenfalls bekannten) Einschränkung, dass die englische Fassung „nur“ über die UHD einen True-HD-Kern hat. Originalton-Fans sollten also die UHD wählen, denn das DD+ der Blu-ray ist hörbar weniger dynamisch. Grundsätzlich liefert Pokémon Meisterdetektiv Pikachu eine sehr lebhafte Vorstellung ab. Vor allem die Front ist äußerst präsent und voller räumlicher Effekte. Die Surrounds werden zwar auch genutzt, könnten aber etwas lauter eingebunden sein. Gerade bei den Actionszenen wirkt die Front etwas zu dominant. Dafür gibt’s satten Tiefbass – und das immer wieder. Ob das die Techno-Beats in der Halle mit den Kämpfen sind oder das LFE-Gewitter ab der 65 Minute – der Subwoofer bekommt ordentlich zu tun. Stimmen gelangen zu jeder Zeit hervorragend verständlich zum Ohr und gehen in den dynamischeren Szenen nicht unter. Hier wirkt der O-Ton aber noch etwas souveräner und liefert die Stimmen mit etwas mehr Volumen.

In der Kampfarena setzt es erste akustische Highlights

Wenn es der Film aber drauf anlegt, dann geht’s auch in Sachen Surround, bzw. Rundumsound richtig ab. Die herausragendste Sequenz ist sicherlich die holografische Aufarbeitung des Labor-Unfalls mit Mewtu nach etwas über einer Stunde, die wie eine Entschädigung für die zuvor etwas stiefmütterliche Einbindung der Surrounds wirkt. Zudem besteht natürlich die Hoffnung, dass die Höhen-Ebene für die etwas unterforderten Rears hier vielleicht einspringt. Diese beginnt nach ca. zwei Minuten mit der Laborstimme, die von der Alarmstufe: Rot verkünden. Auch der explosive Einschlag kurz darauf kommt direktional und perfekt ortbar von hinten rechts hinein geflogen. Richtig heftig ist der Wurf des elektronischen Balls auf der Wiese zum ende des ersten Kapitels. Nachdem wird es dann allerdings für gut 20 Minuten mal still auf den Heights. Erst während Tims Flucht über die Dächer der Stadt hört man ein paar der kreischenden Pokémons von oben.

Ab und an gibt es fetzige 3D-Sounds

Bei den Kämpfen in der Arena kommt dann der DJ mit seinen Durchsagen aus den Heights. Allerdings werden die Kampfgeräusche selbst zu selten Teil des immersiven Sounds. Da hört man mal das feurige Fauchen des Drachens, was aber in Anbetracht der rasanten Szenen, die immer wieder die Möglichkeit für 3D-Tonsignale gäben, zu wenig ist. Nachdem es dann erneut für gut 15 Minuten ziemlich still ist, kommt nach etwas über einer Stunde der bis dato deutlichste und direkteste 3D-Soundeffekt, wenn die zwei Protagonisten miterleben, was im Labor passiert ist – hier werden die Heights gleich mehrfach sehr intensiv einbezogen. Sehr seltsam ist hingegen der Umgang mit der Filmmusik. Während der O-Ton diese immer wieder dezent mit auf die Heights legt, ist das über die Synchro nicht der Fall – bis zur knapp 88. Minute, ab der es urplötzlich auch über den deutschen Ton etwas Score von oben gibt – verstehe das, wer will. Davon abgesehen, werden die Höhen-Speaker leider etwas unterrepräsentiert genutzt und es hätte wesentlich mehr Gelegenheit gehabt, sie ins Geschehen eingreifen zu lassen.

  • Englisch/Deutsch: Dolby Atmos (85%) 2D-Betrachtung
  • Deutsch: Dolby Atmos (50%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Englisch: Dolby Atmos (55%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Englisch/Deutsch: Dolby Atmos (70%) 3D-Betrachtung (Qualität)

Bonus (70%)

Im Bonusbereich von Pokémon Meisterdetektiv Pikachu finden sich neben einem alternativen Anfang und einem Kommentar von Mr. Mime auch noch ein Musikvideo („Carry on“ von Rita Ora) und ein Featurette mit Ryan Reynolds außerhalb des Studios. Der dreiminütige Kommentar von Mr. Mime ist natürlich ohne Stimme wie es sich für den Pantomimen gehört und Reynolds outet sich (erneut) als Spaßvogel, wenn er davon erzählt, wie er in die Pokémon-Welt eingetaucht ist. In „Mein Pokémon-Abenteuer“ kommt Hauptdarsteller Smith kurz zu Wort und im fünfteiligen „Die Welt von …“ gibt es gut 22 Minuten Einblicke hinter die Kamera sowie in die bunte Welt der Figuren oder das Design von Ryme City. Der aktivierbare „Detektiv-Modus“ läuft parallel zum Film und bietet die Möglichkeit, an bestimmten Punkten Easter Eggs zu finden und sich Einblicke hinter die Kulissen zu holen. Außerdem werden Textinfos eingeblendet und auch der unerfahrene Pokémon-Gucker ist danach deutlich schlauer.

Gesamtbewertung Pokémon Meisterdetektiv Pikachu  (75%)

Pokémon Meisterdetektiv Pikachu ist trotz vorhersehbarer Story ein vergnüglicher Realfilm aus einem Universum voller puscheliger Tierchen und ihren menschlichen Gefährten. Aufgezogen wie ein Neo-Noir-Krimi gefällt die Optik genauso wie die Charakterisierung der Freundschaft zwischen Tim und Pikachu. Für den vortrefflich gelungenen Humor ist Ryan Reynolds praktisch im Alleingang verantwortlich, wenn er seinen gelben Fell-Charakter bis in die Haarspitzen mit Sarkasmus anfüllt. Spaß macht auch der Sound, der räumlich und vor allem druckvoll abgeliefert wird. Dass die Rears etwas zu dünn ausfallen, fällt so tragisch nicht ins Gewicht.vBeim Bild freuen sich Freunde analogen Looks, wobei die UHD diesen wesentlich ruhiger und harmonischer wiedergibt, dafür aber keine echten HDR-Highlights bietet.

Pokémon Meisterdetektiv Pikachu (4K Ultra-HD + Blu-ray)
  • Watanabe, Ken, Nighy, Bill, Geere, Chris (Schauspieler)
  • Letterman, Rob (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren

Technische Details & Ausstattung:

Erscheinungstermin: 10. Oktober 2019 Review am: 17. Oktober 2019
Erscheinungsjahr Film: 2018 Laufzeit: 105 Minuten
Filmstudio: Warner Home Video FSK: ab 6 Jahre
Auflösung / Bildfrequenz:
2160p @ 24p Untertitel:
Deutsch, Englisch
Bildformat:
2.35:1 / 16:9 Tonspur:
Deutsch Dolby Digital Plus 5.1
Englisch Dolby Atmos
High Dynamic Range:
HDR 10 Ausstattung:
4K Blu-ray
HD Blu-ray
Testgerät TV: LG OLED55B7D Testgerät Player: Panasonic UB9004

Pokémon Meisterdetektiv Pikachu Trailer:

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Timo Wolters
Timo Wolters
Der echte Filmfan bleibt im Heimkino: Das Bild ist besser, der Sound unmittelbarer und die Sitznachbarn angenehmer - Timo rezensiert seit 2002 mit Leidenschaft (fast) durch alle Genres. Aktuelle Rezensionen findest du auf blu-ray-rezensionen.net
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